NEUES
LEBEN 53 (2021)



zwei videos, simultan




Ich ziehe meine Jacke aus,
rutsche auf dem geblümten Polster
hin und her auf der Suche nach
bequemem Sitz, ich sitze okay,
ich frage mich warum überhaupt
das Ziel haben, bequem zu sitzen
an einem Ort, der mit aller Gewalt
versucht kein guter mehr zu sein.

Der Vorhang weht
kaltes Draußen in den Raum,
ich konzentriere mich darauf
anzukommen, mich
festzukrallen und loszulassen,
festzukrallen,
dann loszulassen.

Einen Schatten über die
aufgebrochene Oberfläche zu
legen, dafür bin ich wohl hier,
die offenen Stellen, die zu tief
gekratzten Wunden abzudecken,
dafür bin ich wohl hier, die
blutigen Fingernägel lange unter
lauwarmes Wasser zu halten.

Ich tauche ein in das Vergangene
wie ein Kind, das erst bloß mit den
nackten Füßen nach dem kalten
Wasser tastet, den Körper daran
gewöhnt, weil es das so gelernt
hat und wenn dann auch der
Nacken gekühlt ist, dann springt
es rein.